Die heutige Etappe führt uns von Aberlour in das Städtchen Pitlochry, welches sich etwa gerade in der Mitte zwischen Edinburgh und Inverness befindet.
Da wir Zeit haben, und ich sowieso gerne etwas „überland“ und „mitts dür ds Gmües“ fahre, planten wir unsere Route mitten durch den National Park. Leider spielte das Wetter abermals nicht wirklich mit, wobei nun sogar die Einheimischen meinten, dass es doch „pretty bad weather“ sei.
Wenn man jedoch einmal für kurze Zeit aus dem Nebel und dem Regen gekommen ist, konnte man zum einen die wunderbare Einöde geniessen (ich zumindest) und zum anderen die schön kurvigen Strassen im „Cruise-Mode“ geniessen.
Ich werde jedoch immer noch nicht ganz schlau aus den Strassen und den Tempolimits hier in Schottland. Ausserorts, also quasi überall wo nichts anderes Beschildert ist, gilt Tempo 60 (also 100km/h). Die normalen Strassen sind aber 100x kurviger, hügliger und schmaler als bei uns in der Schweiz wo man auch nur im besten Fall 80km/h fahren kann. Diese Achterbahn-Fahrt musste dann leider auch mein Beifahrer erleben. Während er panisch nach den „Notgriffen“ suchte (die in unserem Wagen nicht vorhandenen Handgriffe an der Decke), hatte ich einen Heidenspass über die Hügel und durch die Kurven zu flitzen.
Nach gut 2.5h fahrt sind wir im Städtchen Pitlochry bzw. in unserem BnB etwas ausserhalb (http://www.westhaugh.co.uk/index.html) angekommen. In der Regel bin ich etwas misstrauisch wenn überall Tripadvisor Auszeichnungen hängen. Bei diesem BnB ist jedoch jede einzelne Auszeichnung mehr als verdient. Die beiden Besitzer des Hauses sind so extrem zuvorkommend und freundlich, das man sich sogleich wie ein Teil der Familie fühlt. Dieses Gefühl wird auch durch die Aufteilung der Zimmer gefördert. Die zwei Gästezimmer sind auf dem selben Stock wie das Zimmer des Sohnes. Man ist also wortwörtlich mitten drin statt nur dabei.
Nachdem wir unsere Zimmer bezogen haben, ging es etwas den Hügel auf zur Edradour Distillery, die (ehemals) kleinste Distillery von Schottland. Ehemalig im übrigen nur, weil es eine Gesetzesänderung gab, welche es Privatpersonen erlaubte, eine „Brenn-Lizenz“ zu erlangen und dadurch eine Micro-Distillery zu eröffnen.
Das Edradour jedoch immer noch die „kleinste der grossen“ ist, erkennt man zweifelsohne an den Grössen der Brennblasen. Während die Blasen der anderen besuchten Distillerien jeweils über 10’000 Liter fassten, fassen diese hier bei Edradour maximal 4100 Liter.
Obwohl die Edradour Distillery extrem klein ist, gilt sie als die schönste Distillery Schottlands und zieht daher auch extrem viele Touristen an. Dies war dann auch bei der eigentlichen Tour zu spüren, da die gesamte Tour sehr „Einsteiger-Freundlich“ war. Was mir, wie auch schon bei BenRiach, besonders gefiel, war die Besichtigung des Warehouses. Da Edradour zu Signatory Vintage (einem unabhängigen Abfüller – Also eine Firma die gefüllte Whiskyfässer von Distillerien kauft und anschliessend selber Abfüllt und vermarktet) gehört, befinden sich in deren Warehouses noch eine weitaus grössere Auswahl an Fässern und Fässertypen. Besonders gefallen hat mir hier, dass man während der Tour selbst noch einige Minuten durch das Warehouse schlendern konnte, und so das eine oder andere höchst Interessante Fass entdecken konnte. Im Besuchten Warehouse hat es übrigens rund 6000 Fässer aktuell, also man hätte durchaus auch länger als nur ein paar Minuten dort verbringen können.
Nachdem wir gestern Abend in Aberlour auf den Dessert-Whisky verzichteten, haben wir heute nach der Tour bei Edradour aus dem vollen geschöpft. Zum einen waren die Preise an der Bar extrem Fair und zum anderen war die Auswahl, vor allem die der Signatory Vintage Kollektion, phänomenal. Marketingtechnisch war das ganze auch wirklich gut abgestimmt, da man die degustierten Flaschen dann direkt im Shop kaufen konnte. Die Marketingfalle hat dann auch sogleich zugeschnappt. Wir waren nicht nur die letzten in der Bar (der Bar-Mann hatte den Laden schon abgeschlossen und die Buchhaltung angefangen als wir unseren letzten Dram gelehrt hatten), sondern haben dann im Shop auch noch unsere Favoriten des „Privat-Tastings“ eingepackt.
Aber schlussendlich weiss man auch an tagen wie diesen, warum man tagein tagaus arbeiten geht, oder? 😉
Für das Abendessen haben wir uns dann entschieden, damit man auch mal wieder etwas für den Körper macht, zu Fuss nach Pitlochry zu laufen. Grundsätzlich wäre das laufen ja kein Problem, gäbe es nur ein Trottoir. Dies sucht man Ausserorts nämlich vergeblich. Die meiste Zeit sehen die Strassen bzw. die „Fusswege“ so aus:
Sobald man aber die Ortsgrenze überquert hat, wissen sie plötzlich wieder was ein Trottoir ist.
Angesichts der Tatsache, dass Drink&Drive in Schottland ein absolutes No-Go ist, und die Businfrastruktur zwar gut ist, aber doch nicht jeden winkel des Landes erreicht, finde ich es doch sehr Fragwürdig, dass man als Fussgänger fast ein wenig sein Leben riskieren muss, um von einem Dorf ins nächste zu kommen.
Schlussendlich sind wir aber ohne Zwischenfälle in Pitlochry angekommen. Dort genossen wir im „Old Mill Inn“ das eine oder andere Bier und ein gutes Abendessen und wurden anschliessend von unserem „Gastvater“ im Dorf abgeholt, damit wir nicht noch einmal Kopf und Kragen für einen Verdauungsspaziergang riskieren mussten. Damit es trotzdem kein Food-Koma gab, haben wir auf das Desser verzichtet, wie erwachsen von uns… 😉
Mit vollem Magen, leerem Portemonnaie und einer guter Ladung neuer Erinnerungen im Kopf schliessen wir auch diesen Tag ab. Ich muss gestehen, ich hätte wohl noch einen Tag länger hier in Pitlochry und dem BnB verbringen können, aber trotzdem freue ich mich auf die nächste Etappe, welche uns morgen in die schottische Hauptstadt Edinburgh führt.
Claudia
Das mitem fählende Haltegriff kennt me als Teslafahrer😄 hüt heimer ir Schwiz o schottischs Wätter… gruess Mam